RespekTIERlich

Es ist endlich so etwas wie Frühling und Suza genießt die gerade schon erträgliche Abend-Temperatur im Biergarten der Limobar, als ich mich zu ihr setze. Ich sehe sie an und zeige auf mein Gesicht: „Siehst du?! Das ist das Gesicht, was ich mache, wenn ich wirklich keinen Bock mehr hab.“
Mone lächelt mich etwas mitleidig an: „Ich weiß. Ich kenne das Gesicht. Aber oft gesehen habe ich es noch nicht. Was ist los?“
„Die Menschen! Kaum haben sie in den ersten Frühlingsstrahlen Ausgang, schon benehmen sie sich wie rattig räudige Silberrücken im Affenhaus.“ „Hat man dich besprungen?“, fragt Suza und ich schüttle den Kopf.
„Damit wüsste ich wohl umzugehen. Ich bezweifle die Anerkennung meiner Existenzberechtigung!“
Hubert stellt mir mein Getränk auf den Tisch und klopft mir zur Begrüßung aufmunternd auf die Schulter. Ich nicke ihm dankend zu und liefere Suza die Erklärung zur Eröffnung: „Heute im Supermarkt ist auf einmal mein Einkaufswagen 50 Meter weiter geschoben. Ich denke: Uff, was soll das! Und versuche das Vorkommnis zu ignorieren. Aber nicht, ohne die blöde Kuh auszumachen, die als einzige für diese Unverschämtheit in Frage kommt, weil sie in der Nähe meines Wagens umherschleicht. Ich denke mir aber dann weiter nichts dabei und gehe zur Kasse. So! Was passiert? Nach langem Schlangestehen, kann ich meine Einkäufe endlich aufs Band legen und natürlich habe ich plötzlich einen Camembert, so wie eine Packung teuer, fetten Gouda in der Hand und denke: Was’n Käse! Das würde ich nicht kaufen.  Und was mache ich? Ich kaufe es, weil alle Alternativen zu peinlich oder langwierig wären.
Da ich nun zu viel Geld ausgegeben habe, brauche ich neues. Ich gehe zum Geldautomaten und nehme in Gedanken die blöde Kuh in Schutz, obwohl sie sich meines Einkaufswagens bemächtigt hat – vielleicht war sie wirklich nicht blöd, sondern dumm. Oder hat bemitleidenswerte Probleme mit sich selbst. Ich stelle mich als nächstes hinter den Kunden am Automaten, der gerade seine PIN eingibt. Natürlich mit einem anständigen Abstand von ca. fünf Metern. Aus Respekt vor geheimen Daten. Was passiert? Der Typ ist fertig, eine olle Zicke schert plötzlich von rechts vor mir ein und übernemmt den Automaten. Ich entscheide mich dazu, nichts zu sagen, werde aber langsam wirklich grantig.
Mit einem Groll will ich einfach nur noch schnell nach Hause, sitze grummelnd im Auto als ein Affenarsch mit seinem dicken Benz sich rückwärts einfach auf die Straße vor mich setzt. Ich will nicht vollbremsen, weil mir dann die Einkäufe um die Ohren flögen, weiche auf die Bushaltestelle aus und während der Affe mitten auf der Straße langsam in den Vorwärtsgang schaltet, fahre ich über die Haltestelle an ihm vorbei. Was macht er? Er beschimpft mich wild gestikulierend mit Lichthupe und zeigt mir einen Vogel.
Suza, ernsthaft, glauben die Menschen mittlerweile alle, sie könnten durch die Welt trampeln wie Elefanten durch Porzellanläden? Wo bleibt der Respekt?“
Suza hat aufmerksam zugehört und schmunzelt nun ein bisschen: „Weißt du, Mone, vielleicht musst du einfach mal die Mähne schütteln und zurückbrüllen. Nicht immer nur Krönchen richten und weiterschleichen.“
Ich denke kurz nach und sage dann, während ich vorsichtig eine kleine Spinne vom Tisch schnipse: „Oder ich tue einfach weiterhin so, als hätte ich meine innere Mitte gefunden und scher mich einen Fliegenschiss um respektlose Menschen? Ommmmm.“
Mone nickt und schaut auf ihr Handy: „Oder so. – Oh, es fängt an zu regnen!“
Ich sehe sie fragend an: „Echt? Welche App hast du?“
Mone lacht: „Nein, da sind Tropfen auf meinem Display!“
Ich muss auch lachen und mein Missmut ist verflogen, denn jetzt weiß ich, dass es doch noch nicht ganz Frühling ist und die fiesen Menschentiere sich noch eine Weile in ihren Löchern verkriechen werden.

Als wir rein gehen, brülle ich Suza testweise einmal löwengleich an, was sie mit einem leichten Schlag auf meinen Hinterkopf quittiert.  Hubert freut sich, dass wir wieder guter Dinge zu seien scheinen, fragt aber vorsichtshalber: “Mädels?! Jetzt ‘nen Doppelten?” Wir antworten: “Nein danke, Hubert! So tierisch schlimm ist es noch nicht.”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert