Kein Anschluss unter dieser Nummer

Seit einer halben Stunde sitze ich nun Suza gegenüber und warte auf Antwort.
Die Vögel zwitschern, die Sonne scheint uns fröhlich durch das neue Laub der Bäume ins Gesicht und zwei erfrischend kalte Getränke stehen vor uns. Aber Suza sagt nichts und wenn sie zum Glas greift, zittern ihre Hände. Ich hake noch einmal nach, weil ich nicht sicher bin, ob Suza sich noch an meine Frage erinnert: „Sagst du noch was? Ich meine, wenn du nichts sagst, dann kann ich auch nichts schreiben.“
Suza hebt langsam ihren Kopf und sieht mich mit müden Augen an: „Ich kann nicht. Ich fasse zwei Gedanken und lasse drei fallen.“
Ich nicke, fasse ihre Hand und versuche sie zu beruhigen: „Weißt du was?! Ist auch nicht wichtig. Überhaupt nicht. Schreiben ist nicht wichtig. Reden auch nicht. Wichtig ist, dass du wieder auf die Beine kommst. Egal wie lange es dauert. Die Menschen, die wollen, können anderes lesen oder aufholen mit dem, was sie noch nicht gelesen haben. Oder gar nicht lesen. Oder solange „Motten tragen keinen Helm“ lesen, wenn sie was über dich lesen wollen. Ich weiß, wie du dich fühlst. Wenn das Hirn keinen Service mehr anbietet, nicht mehr funktionieren will und der Körper daraufhin, in Ermangelung von klaren Ansagen, wie ein Roboter, dem die Batterie zur Neige geht, reagiert. – Es ist noch früh. Komm mit. Ich habe eine Idee.“
Suza sieht mich fragend an. Mit dem Gefühl, dass nichts und niemand helfen kann, wenn man völlig ausgebrannt ist und am liebsten nur trüb in die Gegend starren will, weil man eh die Worte nicht versteht, die jemand einem sagt, denkt sie wohl nicht, dass eine Idee helfen könne. Aber wir müssen es versuchen: „Suza, ich bleibe den ganzen Tag bei dir. Oder länger und solange du willst, aber jetzt gehen wir an die große Kreuzung um die Ecke. Da sind die Ampeln ausgefallen und heute machen wir nichts anderes mehr, als zuzuschauen, wie sich fünf Polizisten in Uniform von der einen Seite zur anderen drehen, langsam die Arme heben und senken, ein wenig die Fahrzeuge durchwinken und anhalten und sonst nichts.
Suza nickt und ich stütze sie, als wir die Limobar verlassen. Hubert schaut uns verwirrt hinterher, er hätte uns wohl gerne seine Lösung – den Doppelten – angeboten, aber wir müssen weg. Burnout ist scheiße und wenn man nicht als Versager gelten will, sollte man am besten auch gar nicht darüber reden. Wie auch  … Wenn man zwei Gedanken fasst und gleichzeitig drei fallen lässt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert