Archiv für den Monat: März 2021

Aller guten Dinge sind beide Arme

Hubert ist betrübt. Er reicht mir zwei Gläser blutroten Tomatensaft mit Pfeffer und als ich ihm sage: „Das war verdammt knapp, was?!“, verengen sich seine Augenschlitze und sein Blick soll wohl töten. „Tut mir leid“, schiebe ich schnell hinterher, als ich mich entferne und zu Suza hinübergehe. Wir wollen Hubert unterstützen, denn er hatte sich so gefreut, dass er den Biergartenbereich hätte öffnen dürfen, wenn nicht kurz vorher der Inzidenzwert von über 100, also 100 Corona-Infizierte pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen, überschritten worden wäre. Und somit die Notbremse gezogen wurde. „Inzidenzwert … ein Begriff, den jeder Grundschüler erklären kann dieser Tage …
Ich wünsche mir eine Erklärung für dieses Hin und Her an Bestimmungen in der Pandemie, das mittlerweile kein Mensch mehr überblicken kann. Als ich 50 Schritte gegangen bin, hänge ich noch mal 25 dran, weil ich kurze Beine habe. So bin ich sicher, dass ich den, von der Regierung geforderten, Mindestabstand zur Ausgabestelle von Getränken einhalte. Ich überlege, ob dieser Tomatensaft in meinen beiden Händen tatsächlich das Gefühl von Urlaub und Im-Flieger-sitzen simulieren kann.

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Alles normal

Ich sitze am Straßenrand und warte. Auf Suza. In der linken Hand, wie in der Rechten, habe ich je ein Glas Limo. Mit dem Fuß schiebe ich ein Stöckchen vom einen Kopfsteinpflasterstein zum nächsten und zurück. Als ein Auto vorbeikommt, ziehe ich die Füße ein. Es ist das erste Auto innerhalb der halben Stunde, in der ich nun hier hocke. Ich denke, dass Suza unbedingt etwas an ihrer Pünktlichkeit tun muss. Die hat in letzter Zeit wirklich schwer nachgelassen. Dann sehe ich sie um die Ecke biegen und in meine Richtung schlendern. Ob sie lächelt, weil sie mich sieht, kann ich aus der Entfernung nicht beobachten. Sie trägt eine Gesichtsmaske.

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