Mone sitzt am Fenster und genießt die Wärme der ersten Frühlingssonne, die durch das Fenster der Limobar dringt. Ihr gegenüber sitzt Hubert. Er schielt und lächelt immer wieder zur Theke hinüber, wo eine Frau strahlend Getränke mixt. Sie ist eine wahre Erscheinung.
Suza ist nicht erschienen. Karneval hat voll eingeschlagen und sie liegt mit Angina im Bett.
Mone sieht Hubert an und fragt frei heraus: „Wann wusstest du, dass es Liebe ist statt Freundschaft?“
„Da waren Funken! Sehr viele Funken!“ Hubert lächelt.
Mone verdreht die Augen: „Klar waren da Funken. Die halbe Gesellschaft der Blauen Funken, die deine Bar gestürmt und leer getrunken hat.“
„Sie hatten Durst“, erwidert Hubert unschuldig.
„Und dann haben sie dir einfach ihr Mariechen dagelassen?“ Mone will mehr wissen.
„Natürlich nicht“, ist die Antwort. „Ich habe ihnen 20 Kamele dafür bezahlt.“ Hubert lacht.
„Na, wenn das keine kulturelle Aneignung ist“, merkt Mone schnippisch an.
„Mir egal. Wenn es doch Liebe ist. Was tut man nicht alles für die Liebe?!“
„Oh: Kalendersprüche …“ Mone will darauf nicht hinaus. Sie bohrt nach: „Was ist der Unterschied zwischen Liebe und Freundschaft?“
Jetzt muss Hubert eine ganze Weile nachdenken und braucht mehr Informationen:
„Zählen für die Definition auch Freundschaft Plus, Situationship und Affäre? Also ich meine, wegen Sex und so …“
„Nein!“, sagt Mone bestimmt.
Dann weiß Hubert die Antwort: „Die Funken. Es sind die Funken. Die Funken als eindeutiges Zeichen für die Gefühle, die du gar nicht unterdrücken kannst.“
Mone grumpft leise und denkt nach, während sie Hubert beobachtet, der immer wieder verliebt die Blicke von der Theke erwidert und am Zuckerstreuer rumfummelt. Fürwahr: Da sind Funken. Es blitzt regelrecht.
Dann fragt sie: „Was ist in einer Freundschaft das Wichtigste für dich?“
Hubert wendet sich wieder Mone zu: „Herrje … du stellst aber Fragen heute … Also, ich denke, dass ich auf das Wort bauen kann. Ich kann ja nicht an einem Tag sagen, dass ich dich liebe und am nächsten Tag meine Gefühle ändern und sagen: Ne, doch nicht!“
Mone nimmt Huberts Hand und lächelt ihn liebevoll an: „Sapperlot, bist du verliebt. Jetzt bist du doch immer noch bei der Liebe. Aber Meinungen können sich doch ändern. Oder?“
Hubert schaut Mone tief in die Augen. Man sieht ihm an, dass es in seinem Hirn jetzt ordentlich rattert. Dann steht er auf und geht zu seinem Mariechen hinter die Theke. Er spricht kurz mit ihr und gibt ihr einen Kuss.
Als Hubert sich zurück zu Mone setzt, wirkt er sicherer: „Wenn die Gefühle schwinden und es keine Funken mehr gibt, dann ist die Liebe unmöglich, die Freundschaft aber nicht.“
„Das bedingt aber Beidseitigkeit“, antwortet Mone umgehend, als hätte sie Erfahrung damit.
Hubert versteht: „Ja. Sicher. Aber, wenn sich Gefühle ändern, sollte man auch nicht damit spielen. Und wenn Meinungen sich ändern: Meinungen sind ja keine Gefühle. Sondern Gedanken.“
Mone nickt mit voller Zustimmung. Und Hubert ergänzt:
„Grundsätzlich ist es aber nicht ganz unwichtig, zu seinem Wort zu stehen. Oder zu seinen Gefühlen. Ich finde, wenn das einherkommt mit einer gewissen Verlässlichkeit, dann gibt das Sicherheit und ist ein dicker Stein im Fundament der Verbindung – egal ob Freundschaft oder Liebe.“
„Jamann!“, freut ich Mone und klatscht in die Hände. Hubert freut sich, dass er offensichtlich etwas mit der Verwirrung aufräumen konnte. Mone ist aber noch lange nicht fertig mit ihren Fragen:
„Aber verzeiht dann Liebe mehr oder Freundschaft?“
Hubert verengt seine Augen zu Schlitzen. Das ist nun etwas, über das er wirklich noch nie nachgedacht hat, aber er bemüht sich um Antwort:
„Das kommt vielleicht darauf an? Wenn ich die Freundschaft zu meinem besten Freund schleifen lasse und ich bemerke, dass er langsam aufgibt, um die Freundschaft zu kämpfen, dann bin ich dran und rücke es wieder gerade. Loyalität geht über Zeit und über Verfehlungen.“ Er macht kurz eine Pause und ergänzt, bevor Mone weiter fragen kann:
„Und wenn ich mich von meiner Liebe entferne, dann liegt das vermutlich daran, dass meine Gefühle nicht mehr im Team Aufrechterhaltung mitspielen wollen. Und sind sie doch noch da, dann verzeiht meine Liebe eher als mein Verstand. Ich weiß nicht wieviel Vergessen das Vergeben der Liebe ohne Kopf beinhalten kann.“
„Aber warum ändern sich Gefühle?“ Mone erinnert sich nicht mehr an den letzten Artikel im Wartezimmer, den sie zu dem Thema gelesen hat. Außerdem interessiert sie sich für Huberts Meinung mehr als für die einer Frauenzeitschriftsjournalistin, die sie eh nicht persönlich kennt.
„Weil Liebesbeziehungen auf eine andere Erwartungshaltung gebettet sind? Mehr Eitelkeiten, mehr eingerahmte Vorstellungen von Vertrauen und Konventionen … und vielleicht auch manchmal weniger Selbstliebe.“
Jetzt schweigen beide, bis Hubert wieder verträumt zur Bar sieht.
Mone bricht das Schweigen:
„Also ist es dann doch das Größte, wenn deine beste Freundin auch deine Partnerin ist?“
„Hm …“, macht Hubert. Und Mone wird wieder unsicher:
„Aber was ist denn nun der Unterscheid von Freundschaft und Liebe?“
Jetzt nimmt Hubert Mones Hände und sieht ihr tief in die Augen:
„Wo Funken, da Liebe!“, spricht er kurz und bündig.
In diesem Monet gesellt sich Huberts neues Funkemariechen zu den beiden, stellt drei Getränke auf den Tisch, setzt sich, hebt das Glas und spricht lächelnd:
„Auf die Liebe, auf das Leben!“
Mone ergänzt: „Und auf die Freundschaft …“
Und Hubert sagt: „Und auf uns!“ Sie stoßen an und nachdem sie getrunken haben, hat Hubert doch auch noch eine Frage:
„Aber warum fragst du, Liebelein?“
„Weil ich mir nicht sicher bin, ob Suza wirklich nur mit Angina im Bett liegt.“
„Und ist das nicht in Ordnung?“, will Hubert wissen.
„Weiß ich noch nicht“, erwidert Mone.
Sie stoßen noch einmal an und denken leise über die Liebe nach.